Früher war alles besser? Die Fotografie im Wandel der Zeit

Vielleicht kennt ihr diese Situation: Im Haus meiner Großeltern, umgeben von antiken Möbeln, Truhen, Schränken und Buffets, gab es schon in meiner Kindheit Geheimnisse zu entdecken. Während ich wusste, dass in dem einen Schrank das silberne Besteck ruhte und in einem anderen die Geige von Tante Hanna, blieben einige Möbelstücke stets verschlossen – ein stummes Versprechen von Geheimnissen, die es zu entdecken galt.

Erst nach dem Tod meines Großvaters im Jahr 2018 wagte ich es, mich diesen verschlossenen Schätzen zu nähern. In einer Kommode fand ich nicht nur einfache Gegenstände, sondern ganze Alben historischer Porträts von Verwandten und Freunden meiner Vorfahren. Diese Entdeckung zog mich augenblicklich in ihren Bann. Ich sah Ähnlichkeiten zwischen den Menschen auf diesen Bildern und meiner Familie heute, erkannte Räume, die nun mir vertraut sind, und Möbel, die mir in Erinnerung geblieben sind.

Urgroßeltern

Meine Urgroßeltern und mein Großvater, ca. 1930

Ein Blick in die Vergangenheit

Diese alten Fotografien öffnen ein Fenster in eine längst vergangene Welt. Sie zeigen uns die Architektur, die heute nicht mehr existiert, und Menschen bei ihrer alltäglichen Arbeit – Momente, eingefangen in einer Zeit, die uns fremd und doch so nah erscheint. Besonders in einem Land wie unserem, das im letzten Jahrhundert tiefgreifende Veränderungen erfahren hat, sind diese Bilder ein unschätzbares Dokument der Zeitgeschichte.

Familienfoto ca. 1920

Die Kunst hinter dem Bild

Die Fotografie jener Zeit war eine Kunstform, die nicht nur Geduld und Geschick, sondern auch ein profundes Verständnis der verwendeten Materialien erforderte. Die Bilder wurden auf kleine Pappen kaschiert, die in goldener Schrift den Namen des Fotografen trugen, aufgenommen auf Planfilmen mit Fachkameras – eine Technik, die leider zunehmend in Vergessenheit gerät. Jedes Foto erzählt seine eigene Geschichte, nicht nur durch das, was es zeigt, sondern auch durch die handwerkliche Sorgfalt seiner Entstehung.

Portrait eines Mädchens von R. Dührkoop aus Hamburg

Fotografie und Nachhaltigkeit

Die analoge Fotografie war zwar kunstvoll, aber auch mit dem Einsatz vieler Chemikalien verbunden, was enorme Mengen giftiger Abfälle zur Folge hatte. Als ich meine Fotografenlehre begann, wurde mir die Problematik dieser Materialien bewusst. Heute bin ich dankbar, dass ich diesen Emissionen nicht mehr täglich ausgesetzt bin. Diese Vergangenheit mahnt uns, über die Nachhaltigkeit unserer heutigen Fotopraktiken nachzudenken.

Die Wertigkeit der Fotografie heute

Die digitale Fotografie hat den Zugang zur Fotografie revolutioniert, doch mit dieser Leichtigkeit kam eine gewisse Entwertung. Bilder werden massenhaft produziert, oft ohne Gedanken an ihren langfristigen Wert. Die Frage, die sich stellt, ist, ob unsere Fotos in 100 Jahren noch die gleiche Bedeutung haben werden. Die Tendenz, Bilder schnell zu erstellen und ebenso schnell zu vergessen, deutet darauf hin, dass viele unserer heutigen Fotos nicht die Zeiten überdauern werden.

Eine neue Perspektive

Heutige Fotografien dokumentieren das Leben in einer Offenheit und Ehrlichkeit, die in der Vergangenheit selten war. Während früher idealisierte Darstellungen vorherrschten, fangen wir heute Momente der Realität ein, die unseren Nachfahren ein unverfälschtes Bild unseres Lebens bieten könnten.

Fazit

Die Begegnung mit alten Fotografien erinnert uns an die Wertigkeit und die Geschichten, die in jedem Bild stecken. Sie fordern uns heraus, die Art und Weise, wie wir heute fotografieren, zu überdenken. Es geht darum, Bilder zu schaffen, die nicht nur im Moment Bedeutung haben, sondern auch in Zukunft als wertvolle Dokumente unserer Zeit Bestand haben werden. Vielleicht ist es an der Zeit, unsere fotografischen Praktiken zu reflektieren und Wege zu finden, die Geschichten unseres Lebens so festzuhalten, dass sie auch in 100 Jahren noch faszinieren und berühren.

Daniel Reinhold | Fotograf Verden

Daniel Reinhold

Ich bin Daniel

Zurück
Zurück

360 Grad Produktfotografie statt Laden in der Fußgängerzone

Weiter
Weiter

Amazon stellt 360° Produktfotografie Support ein- warum ich das für einen Fehler halte.